Dienstag, 3. Februar 2009

Bürokratie durch Förderung ersetzen

Andere europäische Länder sind für das Großherzogtum wegweisend


Von Jakub Adamowicz

Die Entwicklung der Philanthropie soll in Luxemburg strategisch gefördert werden. Dazu muss das Stiftungs- und Spendenrecht modernisiert werden. Auch die Ausrichtung der Gesetzgebung in anderen europäischen Ländern zeigt auf, wo Luxemburg konkret Nachholbedarf hat.

Gesetzgebungen sind mehr als nur Vorschriften: Sie verraten durch ihre Ausrichtung die gesellschaftlichen und politischen Prioritäten, die bei der Ausarbeitung des Rechtsrahmens Priorität hatten.

Luxemburgs bestehendes Stiftungsrecht basiert auf einem Gesetz aus dem Jahre 1928 und sieht Stiftungen im Grundansatz nicht als Bereicherung für das Gesellschaftsleben , die nach Möglichkeit zu fördern sind, sondern als eine unkonventionelle Rechtsform, deren Verpflichtungen dem Staat gegenüber definiert werden.

An diesem Grundprinzip hat sich bis heute trotz mehrerer Gesetzesänderungen nichts geändert . "Im Vergleich mit den Nachbarländern schafft das Stiftungsrecht Luxemburgs wenig steuerliche Anreize. Die benötigte Regierungsgenehmigung für Spenden über 12 500 Euro ist abschreckend", stellen etwa die Berater von FSG Social Impact Advisors fest.

Der europäische Stiftungsverband EFC bewertet die Attraktivität nationaler Stiftungsrechts-rahmen nach sechs Vergleichskriterien. Neben den Anforderungen für die Eintragung einer Stiftung spielen die steuerlichen Vorteile für die Spender und für die Stiftung eine entscheidende Rolle.

Auch die Vorschriften bezüglich Unternehmensführung, Audit und wirtschaftlicher Aktivität sind für EFC relevante Faktoren zur Evaluierung der Vorschriften.


Ursprünglich zwei Denkschulen

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich das Stiftungsrecht in Europa in zwei Richtungen : In Skandinavien, Großbritannien, der Schweiz, Irland und den Niederlanden gliederte das liberale Wirtschaftssystem das private Mäzenatentum als Bestandteil der Sozialpolitik konstruktiv ein.

Im Gegensatz zu dieser Entwicklung bildete sich in den Ländern, die ihr Zivilrecht auf Basis des Code Napoléon entwickelten (darunter neben Frankreich und Spanien auch Luxemburg), eine distanziertere Haltung von Staats- und Gesellschaftsinstitutionen zu Stiftungen.


Chance für den Finanzplatz

Mit dem heutigen Stellenwert von Mäzenatentum und Stiftungsrecht in Europa hat diese historische Unterscheidung allerdings nur noch wenig gemeinsam. Seit Mitte der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts begannen Stiftungen, auch in Westeuropa eine bedeutende ergänzende Rolle zu den Sozial-, Erziehungs- und Gesellschaftspolitiken der Nationalstaaten zu spielen.

Hinzu kommt die Entwicklung beim potentiell an Stiftungen transferierbaren Finanzvolumen : Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt, dass es 2007 in Europa (Russland ausgenommen) 170 US-Dollar-Milliardäre gab.

Ein beträchtlicher Teil dieser Vermögen steht in nächster Zukunft zur Vererbung an. Allein in Deutschland , so der Interessenverband Conservation Company, werden in den Jahren 2001 bis 2010 rund 250 Milliarden Euro von einer Generation auf die nächste übertragen .

Diesen Entwicklungen haben Frankreich, Belgien, Deutschland und Spanien bereits Rechnung getragen und ihr Stiftungs- und Spendenrecht in den vergangenen Jahren entsprechend modernisiert.

Dazu gehört die sukzessive Anhebung der Spendenbeträge, für die Steuervorteile gelten. Gleichzeitig haben etwa Spanien (2003) und Belgien (2002) mit modernisierten Rechtsvorschriften die Gründung von Stiftungen vereinfacht und die Förderung der Differenzierung in verschiedene Stiftungsformen (Stiftungen des öffentlichen Rechts, kirchliche Stiftungen, Familienstiftungen, privatnützige Stiftungen, Bürgerstiftungen, unternehmensverbundene Stiftungen) eingeleitet .


Die Vorgabe: Weniger ist mehr

Im Vergleich zu Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien weist Luxemburg in drei Punkten des Stiftungs- und Spendenrechts konkreten Nachholbedarf auf: Um in den Genuss von Steuervorteilen zu kommen, gibt es in den vier Ländern keine Untergrenze für Spenden. In Luxemburg muss man bisher mindestens 120 Euro spenden.

Für Spenden von 12 500 Euro und darüber ist im Großherzogtum im Gegensatz zu den anderen Staaten eine staatliche Genehmigung erforderlich. Außerdem erhebt Luxemburg Steuern auf Spenden von öffentlichen Einrichtungen (4,8 Prozent des Spendenbetrags) und gemeinnützigen Vereinigungen (7,2 Prozent des Spendenbeitrags ). Diese Besteuerung gibt es in Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien nicht.

Bei der Modernisierung des luxemburgischen Stiftungs- und Spendenrechts geht es einerseits darum, allgemeine Rahmenbedingungen zu schaffen, die das konstruktive Bewusstsein für die gesellschaftspolitische Bedeutung fördern. Gleichzeitig gilt es, die Bereiche zu fördern, auf denen Luxemburg sich zu einem Kompetenzzentrum entwickeln kann. Das ist neben der Mikrofinanz der Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spenden.

In der Europäischen Union ist es noch ein langer Weg, bis eine Spende an eine Organisation in einem anderen EU-Land vom Spender schnell und unbürokratisch steuerlich abgesetzt werden kann. Doch mittelfristig stehen die Weichen auf Konvergenz .

Die Vereinigung Transnational Giving Europe (TGE) berät Interessenten, die innerhalb von neuen europäischen Staaten (Deutschland, Belgien, Frankreich, Irland , Italien, Niederlande, Polen, Großbritannien und Schweiz) spenden wollen. Auch Luxemburg soll in Kürze ins TGE-Netzwerk eingebunden werden.

Das Großherzogtum hätte dabei im Rahmen seiner neuen Philanthropie-Politik die Chance, Spenden aus anderen europäischen Ländern anzuziehen. Ludwig Forrest von der belgischen "Fondation Roi Baudouin" ist für die Koordination von TGE zuständig, und empfiehlt für Luxemburg die Schaffung einer Stiftung , die zu diesem Zweck auch profitorientiert arbeiten könnte



© saint-paul luxembourg Letzte Aktualisierung: 15-04-2008 15:52

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